Differenzieren & Fördern / 15.01.2019

So funktioniert kompetenzorientierter Unterricht

Lernwirksam unterrichten

Was macht kompetenzorientiertes Unterrichten aus? Wodurch unterscheidet es sich vom "klassischen" Unterricht? Wie können Sie ganz konkret Ihren Unterricht entsprechend gestalten? Und welche Lernsituationen und Aufgaben machen Sinn? Die Antworten finden Sie hier.

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"Kompetenzen": eine Definition

Der Begriff "kompetenzorientiertes Unterrichten" ist für Sie natürlich nichts Neues – er begegnet Ihnen als Lehrer mittlerweile überall. Aber was sind Kompetenzen eigentlich genau?  

Oft benutzen wir "Kompetenz" synonym für Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse. Im pädagogischen Kontext wäre diese Definition allerdings zu eng gefasst. Denn hier geht es nicht nur um den Erwerb von Wissen und Können: Kompetenzen zeigen sich dadurch, dass Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse aus eigenem Antrieb zur Problemlösung genutzt werden können.1

Neben der kognitiven Dimension, sprich: den Fähigkeiten und Fertigkeiten, spielt also auch ein zweiter Aspekt eine Rolle, nämlich der der Motivation. Zu Wissen und Können gehört auch noch die Bereitschaft, das Gelernte tatsächlich anwenden zu wollen. Kompetenzen zeigen sich darum in Anwendungssituationen, sie zielen auf Problemlösungen und beinhalten einen Transfergedanken. Außerdem gilt: Kompetenzen lassen sich erlernen und entwickeln – und sie werden in konkreten Anwendungssituationen erworben.2

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Was bedeutet Kompetenzorientierung für Ihren Unterricht?

In erster Linie bedeutet dieser neue, erweiterte Kompetenzbegriff, dass die Kernfrage nicht mehr lautet "Welchen Stoff haben wir durchgenommen?". Stattdessen steht im Mittelpunkt, dass die Schüler am Ende eines Lern- oder Themenabschnitts dazu fähig sind, Problemstellungen in Form von Lern- oder Leistungsaufgaben zu lösen. Der Schwerpunkt verschiebt sich vom Lehren zum Lernen; Aktivierung, selbstständiges Lernen und Aufgaben, die zu einem Kompetenzerwerb beitragen, der Problemlösungen ermöglicht, stehen jetzt im Vordergrund.  

Entscheidend sind dabei die Inhalte: Sind die Schüler gelangweilt oder mangelt es ihnen an Motivation, klappt es auch nicht mit dem Kompetenzerwerb. Das bedeutet auch: Es reicht noch nicht, Lernsituationen zu schaffen, in denen eigenaktives Lernen möglich ist – für echte, nachhaltige Kompetenzen müssen auch die richtigen Inhalte her. Aber Achtung: Der Lerngegenstand an sich ist kein Selbstläufer; entscheidend ist das, was er in den Köpfen der Schüler auslöst. Neugier, Spannung oder Zweifel und vor allem auch "kognitive Konflikte" beschäftigen und aktivieren die Schüler. Die Problemstellung, die Sie behandeln, sollte also verblüffend und “irritierend“ sein, um tatsächlich Neugier zu wecken.

Wenn die Unterrichtssituation das aktive Auf den Grund gehen dann auch noch unterstützt, haben Sie gute Chancen, die Schüler tatsächlich zum Lernen aus eigenem Antrieb anzuregen. Unterm Strich sind Sie also nicht nur gefragt, den richtigen Unterrichtsgegenstand auszusuchen. Im Idealfall schaffen Sie es auch, die spannenden Aspekte des Themas so deutlich herauszustellen, dass die Schüler über kognitive Konflikte das Problem von sich aus lösen wollen.  

Die Anforderungssituationen richtig gestalten

Sinnvollerweise sollte die Anforderungssituation eine Handlungsaufforderung enthalten. Das funktioniert zum Beispiel in Form einer konkreten Frage oder über eine Problemstellung. Diese muss komplex, also anspruchsvoll genug sein, damit Kompetenzen tatsächlich angewandt und Transferleistungen erbracht werden können. Damit die Schüler das auch tatsächlich tun, brauchen sie motivierende, ansprechende und interessante Aufgaben. Problemhaltige, "echte" Anforderungssituationen, in denen die Schüler die Authentizität, Parallelen zu ihrer Lebenswelt und einen Nutzen für sich selbst erkennen, motivieren sie am meisten.  

Sorgen Sie dafür, dass individuelle Lernwege möglich sind und die Schüler nicht durch zu engmaschige Teilaufgaben "fremdgesteuert" werden. Setzen Sie auf vielfältige Erfahrungen und regen Sie die Schüler bewusst auch zum Denken an, nicht nur zum Handeln. Konzentrieren Sie sich auf anspruchsvolle, aber noch zugängliche und lösbare Probleme und ermuntern Sie zu Kommunikation und Kooperation. Lassen Sie die Schüler bei der Problemlösung ruhig zunächst in Schülersprache mit ihren eigenen Begriffen arbeiten.  

Ihre Erfahrungen mit dem problemorientierten Unterricht und auch mit dem Projektunterricht können Sie im Sinne der Kompetenzentwicklung nutzen und die didaktischen Konzepte entsprechend anpassen. Achten Sie jedoch darauf, beim Unterrichten in offenen Lernsituationen trotzdem genug Struktur vorzugeben, um die Schüler nicht zu überfordern. Der Aufwand lohnt sich: Ihre Schüler werden nicht nur motivierter und lernwilliger bei der Sache sein – ihre eigene Kompetenz zu erleben, sorgt auch für mehr Selbstvertrauen.

Literatur

1 Definition in Anlehnung an "99 Tipps: Kompetenzorientiert unterrichten" von Christa Schröder und Ingo Wirth, ISBN 978-3-589-23334-2Cornelsen, S. 21

2 Definition in Anlehnung an "Kompetenzorientierter Unterricht – Eckpunkte des didaktischen Konzepts" von Barbara Asbrand und Matthias Martens, Zeitschrift Schulmagazin 5–10, Ausgabe 5/2013, S. 8, www.schulmagazin5-10.de/smz20130507  

"99 Tipps: Kompetenzorientiert unterrichten" von Christa Schröder und Ingo Wirth, Cornelsen, ISBN 978-3-589-23334-2  

"Kompetenzorientierter Unterricht – Eckpunkte des didaktischen Konzepts" von Barbara Asbrand und Matthias Martens, Zeitschrift Schulmagazin 5–10, Ausgabe 5/2013, www.schulmagazin5-10.de/smz20130507  

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